Es gibt drei Erziehungsmethoden: Furcht, Ehrgeiz und Liebe. Wir verzichten auf die ersten beiden. (Rudolf Steiner)
Es gibt drei Erziehungsmethoden: Furcht, Ehrgeiz und Liebe. Wir verzichten auf die ersten beiden. (Rudolf Steiner)
Die Elementarwesen strahlen im schönsten Farbenspiel, der altbekannte Pan schickt seine frech-fröhlichen Faune aus, warme Flötentöne erklingen, und das von den Kindern gemeinsam gesungene Lied tönt immer wieder ganz besonders durchlässig für Wesenhaftes. Welch Glück, diese Aufführungen jeden Sommer zur Johannizeit an der Schopfheimer Waldorfschule verfolgen zu können!
Die 1. und 2. Klässler leben zuschauend in der Erwartung, bald auch dieses oder jenes zu spielen. Dann tauchen sie als 3. und 4. Klässler selber übend-spielend-singend in die Inhalte des Mittsommerspiels ein. Und als 5. Klässler erleben sie es dann im betrachtenden Rückblick auf die spielenden Jüngeren (sogar einige 6. Klässler können sich dem erinnernden Nachklang nur schwer widersetzen).
Ganz tief verankert sich auf diese Weise die Mittsommerqualität, eine atmosphärische Naturstimmung bei Sonnen-Höchststand, in den Schülern der Unterstufe; auf dass ihnen später ein gedanklich-bewusster Zugriff auf diese erlebten Naturwahrnehmungen erleichtert oder gar erst ermöglicht wird.
„Wenn ein solches großes „8.-Klass-Spiel“ vorbereitet und aufgeführt werden soll, hat es einen wesentlich größeren Umfang als die vielen Rollenspiele und Szenen, die bereits ab dem ersten Schuljahr (Mutter- und Fremdsprachen, Heimatkunde, Tierkunde, Geschichte etc.) dazugehören. Im Klassenspiel ist zum ersten Mal die Möglichkeit gegeben, Seelisches, Empfindungsmäßiges noch unter dem Schutz und hinter der Maske einer Rolle zu gestalten, die aber auch zugleich Impuls- und Motivcharakter haben kann. Darüber hinaus kann die Arbeit am Bühnenbild (Malen und Handwerk), Nähen der Kostüme (Handarbeit), Plakatezeichnen (Zeichnen), Choreografie (Eurythmie, Musik) am Ende der Mittelstufe eine Symbiose des bis dahin Gelernten und Erarbeiteten geschaffen werden.“
„Die 12. Klasse kann sich unter Anleitung eines Lehrers ein abendfüllendes Theaterstück (Oper, Musical oder Kabarett) erarbeiten und es zur öffentlichen Aufführung bringen.
Die Schüler sollen möglichst selbständig die Organisation der Aufführung übernehmen und sich in vielen Arbeitsgruppen engagieren, also nicht nur für ihre Rolle, sondern für den Gesamtablauf die Verantwortung übernehmen. So ist es ein Ziel, spätestens ab der Premiere die Klasse als selbständiges Ensemble auch ohne Spielleiter auf Tournee gehen könnte. In vorbereitenden und begleiteten Teams werden unter gelegentlichen Beziehung von Fachleuten alle Bereiche für eine erfolgreiche Aufführung erarbeitet und eigenverantwortlich betreut (Beleuchtung, Kulissen, Dekoration, Requisiten, Kostüme, Masken, Musik und Ton, Werbung, Grafiken, Plakate, Fotos, Programmgestaltung, Dramaturgie, Regie, Terminplanung, Ablauforganisation, Tagesdienst, Teambetreuung, Kassenführung, Soufflieren, Umbau, Inspizienz…).
Erst im Geflecht dieser Aufgaben vor und nach der Aufführung, vor und hinter der Bühne kann das Theaterspiel seine erzieherische Wirkung ganz entfalten: nämlich als ein Gesamtkunstwerk, dessen Wert nicht nur in der gelungenen Aufführung, sondern auch in der Vorbereitung und Begleitung derselben liegt. Die Wahrnehmungsfähigkeit und die Willenskraft der Schüler müssen sich hier insbesondere auf dem sozialen Feld bewähren, denn nicht den begabten Einzelnen gilt es einseitig zu fördern, sondern alle Beteiligten – mit ihren Stärken und auch Schwächen – sollen über das Klassenspiel ein „soziale Kunstwerk“ gestalten.
Das Klassenspiel kann als ein „Höhepunkt“ des muttersprachlichen Unterrichtes in der Waldorfschule angesehen werden: hier muss der Schüler nicht nur sein theoretisches Verständnis für den Text entwickeln, er muss ihn auch durch Gestik, Mimik und Sprache interpretieren. Viele Übungen aus dem muttersprachlichen Unterricht der vorhergehenden Jahre kommen dem Schüler beim Erfüllen dieser Aufgabe zugute:
Während der Proben wird am Erleben sprachlicher Qualitäten weiter gearbeitet, etwa:
Diese sprachlichen Qualitäten muss der Schüler nun auch in individualisierte Bewegung, Gestik und Mimik verwandeln – in der Weise, dass seine Leistung die künstlerische Gesamtkonzeption der Aufführung mitgestaltet. Hier gilt es, die Gefahren subjektiver Willkür auf der einen und laienhaften Klischees auf der anderen Seite zu meiden. Gefragt ist die individuelle Interpretation des Schülers, seine spürbare Kraft und Freude an der Gestaltung, die aber aus der Wahrnehmung der Mitschüler (in ihrer Rolle wie in ihrer Persönlichkeit), der Regieanweisung (aus dem Verständnis der Gesamtkonzeption) und der eigenen Rolle (aus der lebendigen Auseinandersetzung mit ihr und dem Zusammenspiel) erwachsen sollte.“
Oft werden an den Waldorfschulen traditionell die Oberuferer Weihnachtsspiele aufgeführt. So auch an unserer Schule. Über die Jahre hinweg wechselten Inszenierungen und Aufführende. Mischten sich früher die Schauspieler in den drei Spielen, so ist seit einigen Jahren in Schopfheim eine Trennung entstanden: Lehrer führen das Christgeburtspiel für die Schüler auf, Oberstufenschüler gestalten das Paradeisspiel und den Eltern blieb das Dreikönigsspiel vorbehalten.